Forschungsprojekt

Fregellae, 125 v. Chr.

Archäologie einer Konfliktlandschaft

Zusammengefasst

Die archäologischen Untersuchungen an der etwa 100 km von Rom gelegenen Ausgrabungsstätte rekonstruieren den militärischen Überfall der Römer auf die einst florierende Stadt Fregellae im Jahr 125 v. Chr. Ziel ist die Identifikation konfliktarchäologischer Spuren im Territorium von Fregellae und die daraus abgeleitete modellhafte Rekonstruktion der Auswirkung von Gewalt und Konflikt auf die Siedlungslandschaft, von der Belagerung des Jahres 125 v. Chr. bis in den Sommer 1944. Überreste von Wandmalereien, Heiligtümern, Atriumhäusern, Bodenmosaiken und öffentlichen Bädern im Stadtzentrum geben eindeutige Hinweise auf vorsätzliche Zerstörung. Wie nachhaltig die Folgen von Gewalt und Konflikt sowohl Gemeinschaften als auch ihre Umwelten über Jahrhunderte hinweg prägen, ist die zentrale Fragestellung des Projekts.

Im Jahr 125 v. Chr. griff ein römisches Heer die mit Rom verbündete latinische Stadt Fregellae im Liri-Tal in der Nähe der heutigen Orte Arce, Ceprano und San Giovanni Incarico an. Nach einer kurzen Belagerung wurde Fregellae noch im selben Jahr eingenommen und vollständig zerstört. Seit 2015 wird das außerstädtische Territorium von Fregellae im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes untersucht, um konkrete Spuren und materielle Hinterlassenschaften dieser Belagerung zu dokumentieren. Dabei handelt es sich um das erste derartige multidisziplinäre Projekt zu einer historischen Konfliktlandschaft in Italien.

Im Rahmen des Projekts werden auf unterschiedlichen Skalenebenen, vom einzelnen Fundplatz bis hin zur Mikroregion, die komplexen und oft destruktiven Wechselwirkungen zwischen naturräumlichen Faktoren und kollektiv praktizierter Gewalt untersucht. Ziel ist es, die Auswirkungen der Belagerung und der damit verbundenen römischen Truppenpräsenz auf das städtische Umland zu rekonstruieren. Eine erste Projektphase wurde unter dem Titel „A Landscape of Conflict: Battefield Archaeology in the Territory of Ancient Fregellae / Modern Arce and Ceprano (FR, Lazio, Italy)“ im Rahmen zweier archäologischer Feldprojekte von 2018 bis 2022 erfolgreich abgeschlossen, jeweils genehmigt von der Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio per le Province di Frosinone e Latina. Diese erste Projektphase wurde vom John Fell OUP Research Fund an der University of Oxford sowie von der British Academy im Rahmen des Small Grant Scheme gefördert.

Zwischen Juli 2018 und Oktober 2019 konnten erste archäologische Funde und Befunde der Belagerung von Fregellae sowie anderer Auseinandersetzungen von den napoleonischen Kriegen bis zum Zweiten Weltkrieg gesammelt werden. Für das Gebiet nördlich von Fregellae führte ein drohnengestützter Laserscan in Kombination mit Feldbegehungen, der Analyse von Oberflächenfunden, ausgedehnter geophysikalischer Prospektion (Geomagnetik und ERT-Tomographie, durchgeführt von der British School at Rome), topographischer Vermessung und der Analyse historischer Karten zur Lokalisierung mehrere Fundplätze, die wertvolle Hinweise auf die Besiedlungsstruktur im Umland der antiken Stadt geben.

Einer dieser Fundplätze wurde im Rahmen von bislang zwei Grabungskampagnen (2022 und 2023; seit der zweiten Kampagne mit Unterstützung der Gerda Henkel-Stiftung, Projektförderung 09/V/23) eingehender untersucht. Er liegt im nördlichen Gebiet des städtischen Umlandes, unweit einer wichtigen Straße. Spuren von Vorratsgefäßen und Drainagesystemen deuten auf landwirtschaftliche Produktion hin. Darüber hinaus wurden Teile eines monumentalen Gebäudes freigelegt, dessen Außenmauern ursprünglich mindestens 90 cm stark und mit einer äußerst qualitätvollen Stuckdekoration verziert waren. Eine Deutung als extraurbane Villa liegt aufgrund der Dimensionen und des Stuckdekors nahe. Die durchgängig bis ins Fundament hinein zerstörte Struktur war von Schichten mit einem hohen Anteil an Brandrückständen und Abbruchschutt bedeckt. An vielen Stellen waren die Grundmauern und andere tragende Elemente auf systematische Weise entfernt worden, was gegen ein zufälliges Schadereignis und für eine gezielte Zerstörung spricht. Große Mengen an Funden, unter anderem ein auf dem Lehmboden des Gebäudes in situ vorgefundenes Vorratsgefäß, erlauben eine vorläufige Datierung der Zerstörungsstraten in das dritte Viertel des 2. Jhs. v. Chr. Die Zerstörungen fallen also exakt in den Zeithorizont der Belagerung des Jahres 125 v. Chr., und sie sind deshalb als Teil der mit der Belagerung zu verbindenden ‚Konfliktlandschaft‘ zu verstehen.

Grabungsteam 2022-2023: Sophie M. Beckmann, B.A. (2023), Sophie Borrero-Wolff, B.A. (2023), David Eibeck, M.A. (2023), Jonas Langer, B.A. (2023), Friederike Kühn, B.A. (2023), Luca Ricci, M.A. (2022), Fritzi Sauerteig, B.A. (2023), Yannick Schmidt, B.A. (2023), Sophie Wieczorek, B.A. (2023)

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