Pressemitteilung

Nach sensationeller Entdeckung in Bad Ems: Tödliche Holzfallen des römischen Militärs erstmals im Originalzustand zu sehen

Mainz/Koblenz. Nach dem erfolgreichen Abschluss archäologischer Forschungskampagnen zu zwei römischen Militärlagern bei Bad Ems sind die Funde und Befunde heute in Mainz der Öffentlichkeit präsentiert worden. Zum ersten Mal ist es den Forschenden gelungen, angespitzte Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsgraben (1. Jh. n. Chr.) nahezu unbeschadet zu bergen. Bislang war diese Wehrtechnik und potenziell tödliche Falle für Angreifende nur durch schriftliche Quellen bekannt: Nun konnten solche Pfähle erstmals archäologisch geborgen und in den spezialisierten Restaurierungslaboren des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) untersucht werden. Das Forschungsnetzwerk, bestehend aus Experten der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), der Goethe-Universität Frankfurt a.M., des LEIZA und weiteren Partnern, hat die wissenschaftlichen Ergebnisse in einer Publikation zusammengefasst.

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 Die am LEIZA konservierten Spieße bei der Präsentation

Die am LEIZA konservierten Spieße bei der Präsentation
© LEIZA / Sabine Steidl

„Im inneren Spitzgraben des Kleinkastells haben wir die angespitzten Holzpfähle in einem Verteidigungssystem gefunden. Bemerkenswert ist, dass die Funde in ihrem ursprünglichen funktionalen Konstruktionskontext erhalten geblieben sind. Die außergewöhnlich gute Erhaltung der Holzobjekte und die sehr gut erhaltenen und geborgenen Stoffreste aus dieser Zeit sind vor allem der dauerhaften Staunässe zu verdanken. Solche Annäherungshindernisse wurden bereits von antiken Autoren wie Caesar beschrieben, aber erstmals gelang hier im gesamten Römischen Reich der archäologische Nachweis solcher pila fossata“, so beschreibt der Archäologe Prof. Dr. Markus Scholz von der Goethe-Universität Frankfurt a.M. die Fundsituation.

Eine kleine Sensation für die Archäologie

Die 23 Holzfunde sind 2019 für die nächsten 2,5 Jahre den spezialisierten Laboren des LEIZA zur Konservierung und Restaurierung überlassen worden. „Diese ungewöhnlich gut erhaltenen archäologischen Funde verdanken wir vor allem dem sauerstoffarmen Feuchtboden, der von dichten Sedimentschichten bedeckt war. In meiner 35-jährigen Berufstätigkeit hatte ich es noch nie mit so festaufsitzenden Sedimentauflagen zu tun, “ beschreibt Markus Wittköpper, Experte für Nassholzkonservierung im LEIZA, seinen ersten Eindruck. Die Generaldirektorin des LEIZA Univ.-Prof. Dr. Alexandra W. Busch ergänzt: „Diese auf den ersten Blick unscheinbaren Holzpfähle aus den Militärlagern bei Bad Ems sind für die Archäologie eine kleine Sensation, über die sich die Spezialistin für das römische Militär in mir besonders freut. So bin ich auch persönlich sehr stolz darüber, dass die Labore zur Restaurierung und Konservierung am LEIZA wieder einmal ihre einzigartige Expertise einbringen konnten, um die Holzfunde dauerhaft zu erhalten.“

Mehrere Hektar große römische Militärlager mit Platz für über 3000 Mann

Die Spuren der zwei römischer Militärlager, die für wenige Jahre um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. besetzt waren, sind im Rahmen des drei Jahre laufenden wissenschaftlichen Projekts zwischen 2017 und 2019 aufgedeckt worden. Die Auswertungen konnten 2023 abgeschlossen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stehen die Lager in Zusammenhang mit der Suche nach Silberadern unter dem römischen Statthalter Curtius Rufus, die durch den römischen Historiker Tacitus überliefert wurde. Das größere der beiden Lager, mit einer Fläche von etwa 8 Hektar, bot Platz für 3000 Mann. Es war mit Spitzgräben, einem Erdwall und hölzernen Türmen befestigt. Diese Entdeckung wurde erst im Jahr 2016 durch den ehrenamtlichen Denkmalpfleger Jürgen Eigenbrod gemacht.

Bislang galt das Areal im Wald auf dem „Blöskopf“ aufgrund seiner Lage oberhalb der Bad Emser Silberbergwerke und in der Nachbarschaft historischer Abbauspuren (Pingenfelder) seit dem 19. Jahrhundert als römisches Hüttenwerk. Aufgrund seiner Nähe zum Limes wurde es in das 2. bis 3. Jahrhundert datiert. Nach den Prospektionen und Ausgrabungen zwischen 2018 bis 2019 fanden die Forschenden heraus, dass es sich um ein ca. 0,1 Hektar großes Kleinkastell handelt, welches um 50 n. Chr. offenbar der Kontrolle eines römischen Bergbaureviers diente. Im Inneren dieses Kleinkastells befindet sich einer der zweitältesten Steinbauten rechts des Rheins, der als zentraler Wehrbau in der Anlage identifiziert werden konnte.

Gebündelte Expertise verschafft fundierten Blick in die Zeit des Römischen Reichs

Dr. Heike Otto, Generaldirektorin Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz freut sich: „Es ist selten, dass ein so fundierter Blick in die Zeit des Römischen Reiches möglich wird. Ich möchte allen an diesem Projekt beteiligten Expertinnen und Experten aus zahlreichen Disziplinen herzlich danken und die Publikation zum Thema wärmstens empfehlen.“ Das Buch „Die frühkaiserzeitlichen Militäranlagen bei Bad Ems im Kontext des römischen Bergbaus“ präsentiert die Ergebnisse der mehrjährigen Forschungskooperation zwischen der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, der Goethe-Universität Frankfurt a. M., der Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, der HTW Berlin und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz.

Gemeinsame Pressemitteilung des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) und der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE).
 

Publikation

Dr. Peter Henrich und Prof. Dr. Markus Scholz (Hrsg.): Die frühkaiserzeitlichen Militäranlagen bei Bad Ems um Kontext des römischen Bergbaus, Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel Bd. 23, 2024.
 

Wissenschaftlicher Kontakt

Dr. Peter Henrich
Stabstelle Forschungskoordination
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE)
peter.henrich.trier(at)gdke.rlp.de

Prof. Dr. Markus Scholz  
Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen
Goethe-Universität Frankfurt a.M.
m.scholz(at)em.uni-frankfurt.de

Markus Wittköpper
Experte für Nassholzkonservierung / Restaurator für Altertumskunde
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
markus.wittkoepper(at)leiza.de
 

Pressekontakt

Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
Ebru Esmen M.A.
M: +49 160 58 88 062
ebru.esmen(at)leiza.de

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE)
Matthias Weber
+ 49 (0) 261 – 66 75 – 4181
matthias.weber(at)gdke.rlp.de

 

Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)

Das LEIZA erforscht als Leibniz-Forschungsinstitut und -museum für Archäologie den Menschen und seine Entwicklung auf Basis materieller Hinterlassenschaften aus drei Millionen Jahren zeit- und raumübergreifend. Die daraus gewonnenen grundlegenden Erkenntnisse verhelfen zum besseren Verständnis menschlichen Verhaltens und Handelns und der Entwicklung von Gesellschaften. Damit bereichert das LEIZA das Wissen zum Menschen um die archäologische Perspektive und schafft wesentliche Grundlagen für die Reflexion der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft. Mit der Archäologie versteht das LEIZA den Menschen in den Zusammenhängen und teilt die gewonnenen Erkenntnisse im internationalen Dialog. Das LEIZA ist weltweit tätig und betreibt bislang erfolgreich und umfassend Forschungen in verschiedenen Regionen Afrikas, Asiens und Europas. Die einzigartige Konzentration archäologischer, naturwissenschaftlicher, restauratorischer und informationstechnologischer Kompetenzen verbunden mit bedeutenden Werkstätten, Laboren und Archiven, erlaubt es dabei, objektorientierte Forschung zur Archäologie der Alten Welt (Asien, Afrika, Europa) von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die Neuzeit zu betreiben. Als eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft verbindet das LEIZA exzellente Wissenschaft mit Ausstellungen und ist mit seinem Bildungsauftrag gleichzeitig ein Ort des Dialoges mit der Öffentlichkeit.

Bis zur Umbenennung zum 1. Januar 2023 international war das LEIZA bekannt als Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) und wurde im Jahr 1852 auf Beschluss der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Mainz gegründet. Seit 2024 ist es an insgesamt vier Standorten in Deutschland vertreten. www.leiza.de

Pressekontakt

Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
Ludwig-Lindenschmit-Forum 1
55116 Mainz

Ebru Esmen M.A.
Pressearbeit und Onlinekommunikation

Bilder zum Download

Die am LEIZA konservierten Spieße bei der Präsentation
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  • Die am LEIZA konservierten Spieße bei der Präsentation
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Die Beteiligten bei der Präsentation
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  • v.l.n.r.: Frederic Auth M.A., Prof. Dr. Markus Scholz (beide Goethe Universität, Frankfurt), ...
  • © LEIZA / Sabine Steidl
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Prof. Dr. Markus Scholz stellte die Fundstelle vor
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  • Prof. Dr. Markus Scholz stellte die Fundstelle vor
  • © LEIZA / Sabine Steidl
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Freilegung der Spieße (pila fossata)
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  • Freilegung der Spieße (pila fossata)
  • © Goethe Universität Frankfurt / Frederic Auth
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Detailansicht der „pila fossata“. Die Spieße sind ca. 55 cm lang und aus Eichenholz gefertigt.
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  • Detailansicht der „pila fossata“. Die Spieße sind ca. 55 cm lang und aus Eichenholz gefertigt.
  • © Goethe Universität Frankfurt / Frederic Auth
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Profil des inneren Spitzgrabens des Kleinkastells auf dem „Blöskopf“. Die „pila fossata“ wurden in Dreiergruppen in die Spitze des Grabens geschlagen.
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  • Profil des inneren Spitzgrabens des Kleinkastells auf dem „Blöskopf“. Die „pila fossata“ wurden in ...
  • © Goethe Universität Frankfurt / Frederic Auth
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Visualisierung des Grabens
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  • Visualisierung des Grabens
  • © Goethe Universtität Frankfurt / Karlheinz Engemann
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Grabungen im Bereich des großen Militärlagers bei Bad Ems.
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  • Grabungen im Bereich des großen Militärlagers bei Bad Ems.
  • © Goethe Universität Frankfurt / Frederic Auth
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