Der Fund eines römischen Silberamuletts verändert unser Wissen über die frühe Verbreitung des Christentums: Das 3,5 Zentimeter kleine Amulett aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., entdeckt in der Frankfurter Römerstadt Nida, enthält eine der ältesten rein christlichen Inschriften nördlich der Alpen. Die Entzifferung, ermöglicht durch modernste Computertomographie am Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz, enthüllt einen einzigartigen Text, der den Glauben des Trägers bezeugt – eine wissenschaftliche Sensation.
Das Amulett wurde 2017 im römischen Gräberfeld „Heilmannstraße“ in Frankfurt-Praunheim gefunden und auf 230–270 n. Chr. datiert. Damit ist es der früheste Nachweis reinen Christentums in der Region, mindestens 50 Jahre älter als bisher bekannte Funde.
Film über die Frankfurter Inschrift
„Mit hochauflösender CT-Technik konnten wir ein 3D-Modell des gerollten Blechs erstellen“, ergänzt Dr. Ivan Calandra, Laborleiter des IMPALA. Dr. Jörg Stelzner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LEIZA, wendete für dieses Objekt eine spezielle Analysemethode an und setzte daraufhin einzelne Segmente des Scans virtuell Stück für Stück aneinander, sodass alle Worte sichtbar wurden.
Bedeutung und Einordnung
Die Entzifferung des lateinischen Textes durch Prof. Markus Scholz von der Goethe-Universität Frankfurt zeigt außergewöhnlich elaborierte Formulierungen, die bisher erst Jahrzehnte später bezeugt waren. Der Fund bietet einzigartige Einblicke in die frühe Verbreitung des Christentums und unterstreicht die kulturelle Bedeutung Nidas als zentrale römische Siedlung im Germanien der Spätantike.
Die wissenschaftliche Analyse steht noch am Anfang, eröffnet jedoch bereits neue Perspektiven für Archäologie, Theologie und Geschichtsforschung. Der Fund zeigt auch, wie erfolgreich interdisziplinäre Zusammenarbeit, etwa im Rahmen des Verbunds Archäologie Rhein-Main (VARM), bahnbrechende Erkenntnisse ermöglicht.
Restaurierung und Entzifferung
Nach der Restaurierung im Archäologischen Museum Frankfurt zeigten erste Röntgenaufnahmen 2020, dass das Silberamulett eine Inschrift enthält. Da das Blech jedoch durch die lange Lagerung spröde und zerknickt war, war ein physisches Entrollen unmöglich. Der Durchbruch gelang im Mai 2024 am LEIZA in Mainz.
„Wir freuen uns sehr, an der Erforschung dieses besonderen Fundes mit der Expertise von IMPALA, dem Labor für bildgebende Verfahren am LEIZA, entscheidend beigetragen zu haben. Mit unserem breiten Portfolio an wissenschaftlicher Kompetenz und hochmoderner Forschungsinfrastruktur konnten wir die Inschrift lesbar machen und darüber hinaus noch Daten zur Materialbeschaffenheit beisteuern“ erklärt Prof. Dr. Alexandra W. Busch, Generaldirektorin des LEIZA. „Die wissenschaftlichen Ergebnisse zeigen ganz hervorragend, welche Erkenntnisse zur Entwicklung der Menschheit in gemeinsamer, interdisziplinärer Forschungsarbeit im Verbund Archäologien Rhein-Main und darüber hinaus möglich sind.“
Weiterführende Links
- Pressemitteilung der Stadt Frankfurt:
https://frankfurt.de/de-de/aktuelle-meldung/meldungen/frankfurter-silberinschrift/ - Aufzeichnung der Pressekonferenz am 11.12.2024
https://www.youtube.com/watch?v=lHHVUp81j7U - Videofilm „Ältestes christliches Zeugnis nördlich der Alpen: Die Frankfurter Silberinschrift“: https://www.youtube.com/watch?v=31fZolg1Z2Q
Projektbeteiligte
- Stadt Frankfurt am Main
- Archäologisches Museum Frankfurt (Dezernat Kultur und Wissenschaft)
- Denkmalamt Frankfurt (Dezernat Planen und Wohnen)
- Leibniz-Institut für Archäologie in Mainz (LEIZA)
- Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
- Universität Regensburg
- Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Verbund Archäologie Rhein-Main (VARM)
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