Im THW-Logistikzentrum in Hilden bot sich Ende Juni ein Bild, dass sich von dem gewöhnlichen Logistikbetrieb unterschied. An mehreren Ausbildungsstationen legten Freiwillige der Cultural Heritage Response Unit (CHRU) Löwenstatuen, Reliefs und Baufragmente frei, dokumentierten sie und führten Bergungsmaßnahmen durch. An mehreren Notkonservierungsstationen übten die Mitglieder der CHRU das Fotografieren, fachgerechte Reinigen und Verpacken von Scherben, Knochen, Glas, Papier und anderen Materialien. Dabei arbeiteten THW-Einsatzkräfte und Fachleute für mobiles und immobiles Kulturgut Hand in Hand. Sie alle möchten zukünftig an Auslandseinsätzen der neu entstandenen Unit teilnehmen, um gefährdetes Kulturgut in Katastrophensituationen zu schützen.
Wie sehr der Schutz des kulturellen Welterbes den Menschen in Deutschland am Herzen liegt, zeigte sich im Frühling 2024 als sich mehr als 100 freiwillige Expertinnen und Experten aus den Bereichen Konservierung, Bauforschung, Archäologie und IT meldeten, um zukünftig Teil der Cultural Heritage Response Unit (CHRU) zu sein. Das Projekt wird seit 2019 unter der Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), gemeinsam mit seinen Partnern von der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) entwickelt. Im Jahr 2024 bilden nun Mitarbeitende des Projektes KulturGutRetter 40 freiwillige Kulturgutfachleute aus. Weitere 40 Einsatzkräfte des THW verstärken die CHRU und nahmen am 24. - 25. Juni an der ersten praktischen Ausbildung teil. Organisiert wurde die Ausbildung von etwa 20 hauptamtlichen THW-Kräften sowie Projektmitarbeitenden des KulturGutRetter-Projektes.
Die freiwilligen Fachleute für bewegliches Kulturgut machten sich während der Ausbildung in einem Zirkeltraining mit dem mobilen Notkonservierungslabor vertraut, das durch das LEIZA für den Lufttransport in Katastrophengebiete entwickelt wurde. Die Freiwilligen, bei denen es sich selbst um Restauratorinnen und Restauratoren handelt, lernten während der Ausbildung das Equipment und die Workflows des Projektes kennen, die auf eine schnelle Notkonservierung von gefährdetem Kulturgut abzielen, und übten den Auf- und Abbau des Labors ein. Die freiwilligen Fachleute haben verschiedene Spezialisierungen, so dass in einem Katastrophenfall von der Notkonservierung von Gemälden über Textilien bis zu archäologischen Objekten eine breite Expertise im Freiwilligen-Pool vorhanden ist.
Auch für den Fall, dass Baudenkmäler in Folge von Erdbeben, Bränden, Fluten oder anderen Ereignissen gefährdet sind, ist die CHRU vorbereitet. Expertinnen und Experten für Vermessung, Bauforschung, Architektur, Baurestaurierung und Denkmalpflege beschäftigen sich während der praktischen Ausbildung mit den Standardprozeduren (SOP) und Minimalstandards bei der Vermessung mittels Tachymeter, 3D-Laserscanner und Emlid und trainieren die Übertragung der Daten auf das digitale Qfield-basierten Dokumentationssystem der KulturGutRetter, das am DAI weiterentwickelt wurde.
Spezialisierte Fachkräfte für Konservierung übten während der Übung in einem fiktiven Szenario an Repliken das effiziente Dokumentieren und Bergen von beweglichen Bauwerksteilen und mobilen Kulturgütern an einer Einsatzstelle.
Nachdem die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde, werden die Freiwilligen dieses Jahr im September das Gelernte im Rahmen einer Vollübung anwenden können. Erstmals wird dann Ende 2024 das erste Team der Cultural Heritage Response Unit (CHRU) des KulturGutRetter-Projektes bestehend aus freiwilligen Fachleuten für Katastrophen- und Kulturgutschutz, geschult sein. Das Projekt KulturGutRetter, das durch das Auswärtige Amt und den Deutschen Bundestag unterstützt wird, kann dann perspektivisch 2025 die Einsatzbereitschaft der CHRU herstellen.