Der Preis wurde Dr. Carole Quatrelivre traditionell vom Präsidenten der Association Joseph Déchelette, Gilles Déchelette, während der Europäischen Archäologietage (14. bis 16. Juni) in der Bibliothek des Musée des Beaux Arts et d'Archeologie Joseph Déchelette überreicht.
Dr. Carole Quatrelivre überzeugte die zehnköpfige Jury mit umfangreichen und vielschichtigen Untersuchungen zur Besiedlungsentwicklung rund um das Gebiet der späteren gallo-römischen Stadt der Parisii (heutiges Paris). Die durch Ausgrabungen in den letzten Jahrzehnten besonders gut dokumentierte Region mit etwa 700 ausgegrabenen Fundstellen ermöglichte ihr eine Analyse von Einzelfunden, Befunden und flächigen Fundstellen. Unterschiedliche Siedlungsdynamiken südlich und nördlich von Paris während der gesamten Eisenzeit werden in ihrer Arbeit hervorgehoben.
Mit modernsten geostatistischen Techniken ermittelte sie die Schwankungen der Bevölkerungsentwicklung, um diese dann auf europäischer Ebene zu vergleichen. Hieraus konnte das Ausmaß des demografischen Wandels für den betrachteten Zeitraum abgeleitet werden: Die Beobachtung eines Rückgangs der Besiedlungen, die traditionell dem 4. Jahrhundert v. Chr. zugeschrieben wird, wird in ihren Analysen in Frage gestellt. Daraus resultierend hebt sie die Widerstandsfähigkeit der jeweiligen Gesellschaften hervor. Die Untersuchungen stützen die Theorie von ländlichen Gemeinden der Île-de-France, die sich an das zu dieser Zeit sich verschlechternde Klima und die Zersplitterung der Macht anpassten.
Carole Quatrelivre verteidigte ihre Doktorarbeit mit dem Titel „À la recherche des Parisii: dynamiques culturelles et territoriales de la région parisienne (Ve-Ier s. av. n. è.)“ (Auf der Suche nach den Parisii: Kulturelle und territoriale Dynamik in der Region Paris (5.-1. Jh. v. Chr.) an der École normale supérieure (ENS, Paris) im Jahr 2023. Seit Oktober 2023 arbeitet sie beim Sonderforschungsbereichs 1266 „TransformationsDimensionen“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. In diesem Rahmen wird sie an ihre Doktorarbeit anknüpfende Forschungen zu „De la Tamise à la Morava: Modéliser le peuplement celtique“, zu Deutsch „Von der Themse bis nach Morava: Modellierung der keltischen Besiedlung“ unternehmen.
Nachwuchsförderung für exzellente Leistung
Der Europäische Archäologiepreis Joseph Déchelette würdigt herausragende Leistungen von Promovierenden und wird alle zwei Jahre an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergeben. Um sie zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere zu unterstützen, steht dem Preistragenden neben dem Fördergeld von 10.000 Euro auch die jeweilige wissenschaftliche Infrastruktur inklusive Forschungsaufenthalt der renommierten Partnerinstitutionen zur Verfügung. Das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) beteiligt sich als fester Partner und gleichzeitiges Jurymitglied am Preisgeld mit 2.000 Euro. Auch bietet das LEIZA einen Forschungsaufenthalt am Standort Mainz und stellt die umfangreiche Fachbibliothek sowie freien Zugang zur hauseigenen Sammlung zur Verfügung.
Europäischer Archäologiepreis Joseph Déchelette
In Kooperation mit dem französischen Kulturministerium, dem Forschungszentrum von Bibracte, der Association Joseph Déchelette und weiteren Museen und archäologischen Vereinen hat das LEIZA den Archäologiepreis zur Nachwuchsförderung im Jahr 2015 eingerichtet. Benannt wurde er nach dem französischen Archäologen Joseph Déchelette (1862-1914), der als Wegbereiter der europäischen Archäologie gilt. Mit seinen Arbeiten zur Vorgeschichte und zu römischer Keramik setzte er Meilensteine in der Forschung. Die 2010 gegründete „Association Joseph Déchelette“ hält die Erinnerung an diesen Wissenschaftler lebendig.
Die Partner für die Verleihung des Europäischen Archäologiepreis Joseph Déchelette 2024 sind:
- das Kulturministerium / Generaldirektion für das Kulturerbe (Direction générale des Patrimoines)
- die Stadt Roanne / Musée des Beaux Arts et d'Archeologie Joseph Dechelette
- das Musée d'Archéologie nationale (MAN), Saint-Germain-en-Laye
- das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA), Mainz
- das Laténium, Park und Museum für Archäologie, eine Einrichtung der Republik und des Kantons Neuenburg (in Verbindung mit der Stiftung Maison Borel)
- die Association pour la promotion des recherches sur l'âge du Bronze (APRAB)
- die Association française pour l'étude de l'âge du Fer (AFEAF)
- die Société préhistorique française (SPF)
- die Prehistoric Society, London
- die European Association of Archaeologists, Prag
- sowie Bibracte EPCC / Centre archéologique européen
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
Das LEIZA erforscht als Leibniz-Forschungsinstitut und -museum für Archäologie den Menschen und seine Entwicklung auf Basis materieller Hinterlassenschaften aus drei Millionen Jahren zeit- und raumübergreifend. Die daraus gewonnenen grundlegenden Erkenntnisse verhelfen zum besseren Verständnis menschlichen Verhaltens und Handelns und der Entwicklung von Gesellschaften. Damit bereichert das LEIZA das Wissen zum Menschen um die archäologische Perspektive und schafft wesentliche Grundlagen für die Reflexion der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft. Mit der Archäologie versteht das LEIZA den Menschen in den Zusammenhängen und teilt die gewonnenen Erkenntnisse im internationalen Dialog. Das LEIZA ist weltweit tätig und betreibt bislang erfolgreich und umfassend Forschungen in verschiedenen Regionen Afrikas, Asiens und Europas. Die einzigartige Konzentration archäologischer, naturwissenschaftlicher, restauratorischer und informationstechnologischer Kompetenzen verbunden mit bedeutenden Werkstätten, Laboren und Archiven erlaubt es dabei, objektorientierte Forschung zur Archäologie der Alten Welt (Asien, Afrika, Europa) von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die Neuzeit zu betreiben. Als eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft verbindet das LEIZA exzellente Wissenschaft mit Ausstellungen und ist mit seinem Bildungsauftrag gleichzeitig ein Ort des Dialoges mit der Öffentlichkeit.
Bis zur Umbenennung zum 1. Januar 2023 international war das LEIZA bekannt als Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) und wurde im Jahr 1852 auf Beschluss der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Mainz gegründet. Seit 2024 ist es an insgesamt vier Standorten in Deutschland vertreten.
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