Forschungsprojekt

Hausrekonstruktion und Visualisierung der Siedlung um 3700 v. Chr.

Visualisierung der Siedlung um 3700 v. Chr.

Die Visualisierung der Siedlung wurde im Zuge der Einrichtung des Archäologischen Rundweges Kapellenberg erstellt. Die Abbildung fasst alle Erkenntnisse der Forschungen seit 2008 zusammen und zeigt den Wissensstand Ende 2019 (Abb 1).

Dargestellt ist die Periode des größten Ausbaus der Innenbesiedlung zwischen 3750 und 3650 v. Chr. Zu dieser Zeit war der innere Wall bereits nicht mehr in Gebrauch und an einigen Stellen erodiert, oder er wurde möglicherweise auch teilweise planiert. Lediglich am südlichen Ende hat er sich bis heute gut im Gelände sichtbar erhalten.

Der äußere Wall hat sein mittleres Ausbaustadium erreicht, es ist jedoch nicht das heute noch im Gelände sichtbare Endstadium. Dieses wurde sehr wahrscheinlich erst ganz am Ende, nach der hier visualisierten Phase aufgeschüttet.

Wall und Palisade um 3700 v. Chr.

Aus der Grabung 2012 wissen wir recht gut, wie der Wall um 3700 v. Chr. ausgesehen hatte, am untersuchten Abschnitt konnten wir den Böschungsneigungswinkel feststellen und auch erkennen, dass der Bereich unmittelbar hinter dem Wall planiert war (Abb 2). Im Gelände ist die Planierung noch an einigen Stelle zu sehen. Da sie im gesamten Wallverlauf an verschiedenen Positionen festzustellen ist, dürfte sie einst auch im gesamten Verlauf des Walles angelegt worden sein. Zum Einen diente das Material zur Aufschüttung, zum Anderen erlaubte die planierte Fläche es den Verteidigern auch, schnell die Position zu wechseln.

Im Profil der Grabung 2012 hatte sich auch ein Pfostenloch erhalten, das Aufschluss über die Mächtigkeit der Pfosten gibt. Daraus, und aus der Notwendigkeit, dass die Verteidiger Sicht über die Palisade haben mussten, lässt sich die Höhe der Palisade errechnen, sie ist an die Darstellung eines jungsteinzeitlichen Bogenschützen aus Spanien angepasst.  Da die an verschiedenen Stellen beobachteten Ascheschichten innerhalb des Walls nicht sehr mächtig waren, gehen wir eher von einer Flechtwand mit Pfosten aus, als von einer durchgehenden Palisade aus nebeneinanderstehenden Pfosten (Abb. 3).

Häuser im Inneren

Im Jahr 1975 wurde von Rolf Kubon einer der Grabhügel untersucht. Neben Hinweisen auf den Aufbau und die Konstruktion des Hügels fand er auch Postenlöcher und Gruben, die er einem mutmaßlichen Ständerbau der Michelsberger Kultur zuschrieb (Abb 4). Mit Hilfe von Ergebnissen aus Untersuchungen zum Hausbau an gleichzeitigen Siedlungen entlang des Bodenseeufers wurde eine digitale Rekonstruktion des Hauses vorgenommen. Dieses und die Ergebnisse der Grabungen zum Wallaufbau bildet die Grundlage für eine GIS-gestützte Rekonstruktion und Visualisierung des Kapellenbergs in der Zeit um 3700 v. Chr.

Dichte der Innenbebauung

Aus den mittlerweile sechs gegrabenen Innenflächen, der dreißigjährigen Prospektion durch Rolf Kubon, und den geomagnetischen Prospektionen durch Partick Mertl, aber auch aus der Verteilung der 14C-Alter können wir zu einer vorsichtigen Schätzung der Dichte der Innenbebauung und ihrer zeitlichen Dauer kommen, die auch in die Visualisierung eingeflossen ist (Abb 5). Danach konzentriert sich die Dauer auf das Jahrhundert zwischen 3750 und 3650 v. Chr. Michelsberger Siedlungsaktivitäten davor und danach können nicht ausgeschlossen werden, dürften aber gering gewesen sein. Die bislang gegrabenen Siedlungsschichten zeigen eine geringe Mächtigkeit, auch liegen Befunde immer mehrere Meter auseinander so dass eher von einer lockeren Bebauungsdichte ausgegangen werden kann. Möglicherweise gab es Gruppen von Häusern mit auch dazwischen liegenden freien Räumen. Die Bevölkerung einer solchen lockeren Bebauung dürfte etwa bei 900 Personen gelegen haben, bei etwa sechs Personen pro Haushalt.

Der Großgrabhügel war zu Beginn der Innenbesiedlung schon weitgehend in seinem jetzigen Verfallsstadium.

Nutzung der Innenfläche

In einigen Bereichen scheint die Lößbedeckung vor 6000 Jahren noch mächtig genug gewesen zu sein, um die Anlage von kleinen Feldern zu erlauben. Wir gehen daher davon aus, dass die Freiflächen entweder zur Anlage von Feldern genutzt wurden oder aber als Weideland, sicherlich auch zur Anlage von Nutzholzflächen (etwa Hasel).

Nutzung des Umlandes

Das Umland diente der Versorgung der Bewohner und dürfte daher weitgehend frei von dichtem Bewuchs gewesen sein, zumal Bäume auch für die Palisaden und Häuser genutzt wurden. Auf den östlichen Lößflächen wurden die Felder angelegt, die Grasflächen für Vieh und Bodenbau durch Brandrodung freigehalten (Abb 6).

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Prof. Dr. Detlef Gronenborn
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Magistrat der Stadt Hofheim im Taunus, LEIZA, hessenARCHÄOLOGIE

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