Forschungsprojekt

Ofentechnologie im Mayener Töpfereirevier um 500 n. Chr

Zusammengefasst

Die Mayener Töpfereien produzierten seit etwa 300 n. Chr. für den Export. Großflächige Ausgrabungen der Produktionsstätten erschlossen ein Quellenmaterial, das einen Überblick über rund 1000 Jahre Arbeitspraxis und Produktivität eines Töpfereistandorts erlaubt. Im Rahmen der Experimentellen Archäologie ist es möglich, durch die Rekonstruktion von Produktionsanlagen und handwerklich-technischer Prozessketten unter kontrollierten Bedingungen eine transparente und evaluierbare Datenbasis zu schaffen, die in die Entwicklung von Modellen zum Ressourcenkreislauf in Wirtschaftssystemen einfließen kann.

Forschungsziel ist es, aus dem Experimentalbetrieb eines Mayener Schachtofens aus der Zeit um 500 n. Chr. transparente Daten zu gewinnen, die in die Entwicklung von Quantifizierungsmodellen zur Produktivität einfließen können. Bei der Analyse der Daten wird jeder Ofen mit seinem Betriebspersonal als eigenständige Produktionseinheit angesehen. Die weitere Einbindung der Ergebnisse in übergeordnete sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Zusammenhänge erfolgt im Rahmen des Gesamtprojektes zur Ofentechnologie der Mayener Töpfereien. Für die experimentalarchäologische Evaluierung wurden Ofentypen ausgewählt, deren Konstruktionsprinzipien über mehrere Jahrhunderte hinweg bestimmend für den Ofenbau waren oder wichtige Entwicklungsschritte der Mayener Keramikproduktion markierten. Ab dem späten 5. Jahrhundert waren stehende Schachtöfen die etablierten und dominierenden Produktionsanlagen des Mayener Töpfereigewerbes. Um 480/90 n. Chr. tritt diese Ofenbaukonstruktion erstmals in Mayen im Töpfereiareal »Siegfriedstraße 53« auf (Ofen 500). Das Konstruktionsprinzip kam die gesamte Merowingerzeit über in Mayen weiterhin zur Anwendung. Ein spätester Betriebsnachweis dieses Konstruktionstyps stammt vom Grundstück Siegfriedstraße 6–8 und datiert in das späte 8./9. Jahrhundert. Die Produktivität des rekonstruierten Ofens 500 wurde zwischen 2014 und 2018 unter wechselnden Fragestellungen getestet. Dabei wurden Daten zu grundlegenden Betriebsparametern wie Brennzeiten, Gewichtsbelastung der Tenne, Holz- und Energieverbrauch gesammelt und flossen in ein quantitatives Betriebsmodell ein.

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Kontakt

Dr. Michael Herdick
+49 6131 8885-671 -654
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Projektzeitraum

01.2014 - 12.2018

Unterstützung

Gesellschaft der Freunde des RGZM

  • Döhner u. a. 2018: G. Döhner – M. Herdick – A. Axtmann, Ofentechnologie und Werkstoffdesign im Mayener Töpfereirevier, Experimentelle Archäologie in Europa, Bilanz 17, 2018, 71–86. Online: https://www.academia.edu/37514000/Ofentechnologie_und_Werkstoffdesign_im_Mayener_T%C3%B6pfereirevier_um_500_n._Chr 
  • Döhner u. a. 2020: G. Döhner – M. Herdick – A. Axtmann, Technical-Historical Comparison of Pottery Districts: Desiderata and Experimental Archaeological  Research Prospects, in: M. Herdick – Angelika. Hunold – H. Schaaff (Hrsg.), Pre-modern Industrial Districts, Panel 3.12, Archaeology and Economy in the Ancient World 14 (Heidelberg 2020) 39–52
    https://doi.org/10.11588/propylaeum.726 
  • Döhner u. a. 2021a: G. Döhner – M. Herdick – U. Katschmareck – A. Axtmann, Kommentierte Messdiagramme zur spätantiken Töpferofentechnologie. Zum Nutzen langfristig angelegter experimentalarchäologischer Evaluierungen historischer Töpferanlagen., in: M. Gierszewska-Noszczyńska – L. Grunwald (Hrsg.), Zwischen Machtzentren und Produktionsorten. Wirtschaftsaspekte von der römischen Epoche bis in das Hochmittelalter am Rhein und seinen Nachbarregionen, RGZM-Tagungen 44 (Mainz, im Druck) 91-104
    https://doi.org/10.11588/propylaeum.996 
  • Döhner u. a. 2021b: G. Döhner – M. Herdick – U. Katschmarek – A. Axtmann, Überlegungen zum wirtschaftsgeschichtlichen Potenzial der Experimentellen Archäologie: Entwurf eines Betriebsmodells für einen spätantiken Schachtofen des Mayener Töpfereireviers., in: M. Gierszewska-Noszczyńska – L. Grunwald (Hrsg.), Zwischen Machtzentren und Produktionsorten. Wirtschaftsaspekte von der römischen Epoche bis in das Hochmittelalter am Rhein und seinen Nachbarregionen, RGZM-Tagungen 44 (Mainz, im Druck) 69-91
    https://doi.org/10.11588/propylaeum.996
  • Hanning u. a. 2014: E. Hanning – G. Döhner – L. Grunwald – M. Herdick – A. Hastenteufel – A. Rech – A. Axtmann, Die Keramiktechnologie der Mayener Großtöpfereien: Experimentalarchäologie in einem vormodernen Industrierevier., Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 61, 2014, 339–378,
    https://doi.org/10.11588/jrgzm.2014.1.72416 
  • Hanning u. a. 2016: E. Hanning – G. Döhner – L. Grunwald – A. Hastenteufel – A. Rech – A. Axtmann – A. Bogott, Experimental Reconstruction and Firing of a 5/6th Century Updraft Kiln from Mayen, Germany, Experimentelle Archäologie in Europa, Jahrbuch, 2016, 60–73. Online: https://www.academia.edu/34690580/Experimental_Reconstruction_and_Firing_of_a_5_6th_Century_Updraft_Kiln_from_Mayen_Germany 
  • Herdick 2020: M. Herdick, Protagonists and Localisations of Authenticity in Museums: A Case Study of the Experimental Archaeology of the Mayen Pottery, in: D. Kimmel – S. Brüggerhoff (Hrsg.), Museen - Orte des Authentischen? - Museums - Places of Authenticity? Beiträge internationaler Fachtagungen des Leibniz-Forschungsverbundes Historische Authentizität in Mainz und Cambridge, RGZM-Tagungen 42 (Mainz 2020) 303–312. Online: https://www.academia.edu/44474531/Protagonists_and_Localisations_of_Authenticity_in_Museums_A_Case_Study_of_the_Experimental_Archaeology_of_the_Mayen_Pottery_ 

Technische Kennzahlen, die sich aus dem Experimentalbetrieb des Mayener Schachtofens zwischen 2014–18 ergeben, sind in Tabelle zusammengefasst. Aus dem entwickelten Betriebsmodell lässt sich ableiten, dass an einem Schachtofen mit einem Betriebsteam von fünf Personen etwa 8640 Gefäße pro Jahr in den Brand gehen können. Bei einer Fehlbrandquote von 6% könnten dann rund 8122 Gefäße pro Betriebseinheit in den Verkauf gehen. Zusammengefasst kann also eine Produktionseinheit die Gefäße für einen Ofenbesatz relativ zügig herstellen und somit sind auch regelmäßig wiederkehrende Ofenbrände während des Arbeitsjahres gewährleistet. Daher bleibt ausreichend Zeit für die Tongewinnung und -aufbereitung sowie die Brennstoffbeschaffung. Durch die Zusammenarbeit mehrerer Produktionseinheiten, der Nutzung von Synergieeffekten und stärkerer Arbeitsteilung konnte man die Produktivität noch steigern. So wären z. B. bei einem zweiwöchigen Brennturnus schon 12960 Kochtöpfe und Krüge jährlich gebrannt worden. Detaillierte Darlegung des Betriebsmodells: (Döhner u. a. 2021b).

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