Forschungsprojekt

You are what you wear – Studien an ausgewählten Goldschmiedearbeiten aus dem Grab des Tutanchamun

Zusammengefasst

Den Schwerpunkt der Arbeiten bildet die technologisch/naturwissenschaftliche Autopsie der Objekte des Mumienschmucks aus dem Grabschatz – die einzige bisher vollständig erhaltene Mumienausstattung eines Königs des Neuen Reichs in Ägypten. Da die Objekte teils eigens für die Bestattung gefertigt wurden, teils aber dem König bereits zu Lebzeiten zur Verfügung gestanden haben werden, bildet das Ensemble die ideale Grundlage einer detaillierten Analyse verschiedener Verarbeitungstechniken und Materialien in Verbindung mit einer Interpretation der rituellen Bedeutung einzelner Artefakte und ihrer spezifischen Anordnung im Kontext einer königlichen Bestattung.

Aufbauend auf den Forschungsergebnissen einiger in den Jahren 2014–2019 durchgeführten Projekte sowie auf Einzelstudien ausgewählter Funde – beispielsweise der Mumienmaske, dem Diadem oder einem Zier-Brustpanzer Tutanchamuns – wurde aufgrund verschiedener offener Forschungsfragen ein Nachfolgeprojekt zur Untersuchung einer weiteren herausragenden Objektgruppe von Goldschmiedearbeiten der 18. Dynastie in Ägypten entwickelt, den Objekten der Mumienausstattung.

Dabei liegt neben der Beantwortung technologischer Fragestellungen ein besonderes Augenmerk auch auf verschiedenen Accessoires, die in Kombination ein Ornat (oder mehrere) darstellen, wie es der König auch zu Lebzeiten getragen haben dürfte. Möglicherweise erlauben spezifische Gruppierungen auch eine weiterführende Deutung im Hinblick auf das Bestattungsritual, für das in diesem Grab kaum schriftliche Belege zu finden sind.

Die umfassenden Studien verschiedener Herstellungs-, Reparatur- und Umarbeitungstechniken des Goldschmiedehandwerks sowie der Glasverarbeitung an mittlerweile über 250 Objekten lassen bereits eine hochinteressante Verfahrensvielfalt erkennen, einige der Fertigungs- und Dekorationstechniken sind für diese Zeitstellung unikal.

Dürfte lediglich eine einzige Auffälligkeit genannt werden, die allen Objekten gemein ist, bliebe vor allem eine hervorzuheben, auch wenn es sich dabei nicht um ein Herstellungs- beziehungsweise Verfahrensmerkmal im klassischen Sinne handelt: die fehlende Willkür. 

Erste Ergebnisse der Untersuchungen verdeutlichen, dass jedes Objekt – inklusive seiner kleinsten Teile und unabhängig von der handwerklichen Qualität der Ausführung – einem akribischen Entwurf folgt. 

Diese müssen ikonographisch-stilistische bzw. gestalterische Vorgaben mit technologischen Handlungsanweisungen und spezifischen Angaben zur Fertigung sowie der Auswahl der dafür vorgesehenen Materialien, denen in der Regel eine magisch-religiöse, häufig schutzgewährende Wirkkraft zugeschrieben wurde, vereinen.

Die hier nur skizzenhaft vorgestellten Beobachtungen lassen bereits die breitgefächerte Dimension der zu ihrer Fertigung benötigten planerischen Arbeiten (und der dafür benötigten Expertise) erahnen.

Die Entwürfe müssen daher als anspruchsvolle, übergeordnete Konzepte betrachtet werden, die eine Fülle von Aspekten aus Handwerk und Materialkunde, Ikonographie, religiösen Vorstellungen und Jenseitsglaube berücksichtigen. Daraus hervorgegangene Objekte und deren Kombination untereinander bilden demnach Assemblagen, die sich aus ganz unterschiedlichen Fragmenten – materiellen und immateriellen – zusammensetzen und alle Informationen zu ihrer Herstellung und Planung sowie der ihnen übertragenen Bedeutung und praktischen sowie rituellen Funktion enthalten.

Anhand einer zielgerichteten Auswertung der naturwissenschaftlichen Untersuchungen und technologischer Merkmale sowie einer (sinnbildlichen) Re-Fragmentierung dieser Assemblagen, können sich solche Konzepte möglicherweise exemplarisch rekonstruieren lassen.

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Kontakt

Katja Broschat
+49 6131 8885-0

Projektzeitraum

Seit 01.2018

Unterstützung

2017 Förderung des Teilprojektes „Tutanchamuns Mumienmaske – Chronographie einer Ikone“ durch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland und die Gerda Henkel Stiftung

Monographien

Aufsätze

  • K. Broschat / E. Mertah, The circle closes. On the Diadem from the Tomb of Tutankhamun. Festschrift (2024) in Vorbereitung.
  • K. Broschat / E. Mertah, Conceived, Created, Changed? An Armchair Study of the Golden Throne of Tutankhamun. In Vorbereitung.
  • Ch. Eckmann / K. Broschat / T. Hardwick, Zur Frage einer möglichen Umarbeitung der Totenmaske Tutanchamuns. Journal of the American Research Center in Egypt 59.

Katalogbeiträge

  • K. Broschat / Ch. Eckmann, A true icon: Tutankhamun’s gold mask. In: S. Connor / D. Laboury (Hrsg.), Tutankhamun, discovering the forgotten Pharaoh [Ausstellungskat. Liège] (Liège 2020) 74-75.
  • K. Broschat / Ch. Eckmann, Une véritable icône. Le masque d’or de Toutankhamon. In: S. Connor / D. Laboury (Hrsg.), Toutankhamon, à la recherche du pharaon oublié [Ausstellungskat. Liège] (Liège 2019) 74-75.

Andere

  • Katja Broschat, Aus dem Leben einer Ikone. Die Mumienmaske Tutanchamuns. Antike Welt 6, 2022.
  • K. Broschat / Ch. Eckmann / S. Seidlmayer, Die goldene Mumienmaske des Tutanchamun. Archäologie in Ägypten: Magazin des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo. 4 (2016).
  • K. Broschat / Ch. Eckmann / S. Seidlmayer, The Golden Funerary mask of Tutankhamun. Archaeology in Egypt : Magazine of the German Archaeological Institute Cairo 4 (2016)

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