Forschungsprojekt

Kalba – Grundlagenforschungen zu bronzezeitlichen Handelsnetzwerken und Ressourcenmanagementstrategien

Zusammengefasst

Vor rund 5000 Jahren können erstmals weitreichende Handelsnetzwerke nachgewiesen werden, die vom Indusgebiet bis in die Ägäis reichen. Im Rahmen des Projektes werden diese Netzwerke anhand einer Fallstudie am Fundort Kalba auf der südöstlichen Arabischen Halbinsel untersucht. Die Feldforschungen sollen Einblicke in Rohstoffbezugssysteme und Interaktionsradien einer prähistorischen Küstensiedlung ermöglichen. Hierdurch soll besonders die Relevanz der lithischen Ressourcen geklärt werden und welche Bedeutung Kalba als Knotenpunkt innerhalb der maritimen und terrestrischen Handelsnetzwerke hatte.

Vor rund 5000 Jahren können erstmals weitreichende Handelsnetzwerke nachgewiesen werden, die vom Indusgebiet bis in die Ägäis reichen. Seit 2019 werden daher auf der südöstlichen Arabischen Halbinsel Ausgrabungen zur Erforschung dieser frühen Handelswege durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durchgeführt. Neben Landwegen scheinen die maritimen Wasserwege eine wichtige Funktion einzunehmen. Dies belegen zahlreiche Fundorte an wichtigen Knotenpunkten von möglichen Routen, in denen sich Objekte aus exotischem Rohmaterial (Karneol, Lapislazuli, Gold) finden. Vermutlich diente die Golfregion bereits vor rund 5000 Jahren als Vermittler zwischen Ost und West.

Forschungsziel

Im Fokus der Grundlagenforschungen stehen einerseits die Fortführung der Ausgrabungen, der Aufbau eines soliden chronologischen Gerüsts durch Radiokarbondaten und die Rekonstruktion der prähistorischen naturräumlichen Bedingungen (u. a. durch Archäobotanik, Archäozoologie, mariner Reservoireffekt). Andererseits sollen Untersuchungen zur möglicherweise lokalen Produktion von aufwendig hergestellten Fertigprodukten, wie Perlen aus Halbedelsteinen oder Steingefäßen, aus Rohmaterialien von Lagerstätten der VAE fortgeführt werden. Die Forschungen sollen dazu beitragen, Einblicke in das alltägliche Leben der Siedlungsbewohner und ihrer Rohstoffbezugssysteme sowie Interaktionsradien zu ermöglichen. Abschließend soll anhand der generierten Daten die Frage geklärt werden, ob es sich bei dem Küstenfundort Kalba durch seine geostrategische Lage nicht nur um ein Handels- sondern auch um ein Produktionszentrum von regionaler oder sogar überregionaler Bedeutung gehandelt hat.

Methodik

Ein Schlüsselfundort für die Beantwortung wichtiger sozioökonomischer Fragestellungen, wie z. B. prähistorisches Ressourcenmanagement und frühe überregionale Handelsbeziehungen, ist der küstennahe Fundort Kalba (Emirat Schardscha) am Golf von Oman, welcher von der frühen Bronzezeit bis zur Eisenzeit (ca. 2500–600 v. Chr.) besiedelt wurde. Kalba wird derzeit von einem internationalen Expertenteam des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) der ÖAW und des Leibniz-Forschungsinstituts für Archäologie (LEIZA) in Mainz gemeinsam mit der Archäologischen Behörde des Emirats Schardscha (SAA) erforscht, um die Ergebnisse in breit angelegte Studien zu frühen Netzwerken zu integrieren.

Von besonderem Interesse sind die spektakulären prähistorischen Mauern eines monumentalen Turms aus dem späten 3. Jahrtausend v. Chr., der Umm an-Nar-Kultur, die bis in eine Tiefe von etwa 7 m unter der Erdoberfläche ausgegraben wurden und früher sicherlich von weither sichtbar waren. Importe, die aus Mesopotamien, dem heutigen Iran und aus dem Indusgebiet stammen, legen nahe, dass der Fundplatz bereits vor mehr als 4000 Jahren einen Handelsknotenpunk in einem ausgedehnten ökonomischen Netzwerk darstellte. Die Forschungen lassen vermuten, dass als Handelsgut unter anderem Kupfer, aber auch qualitativ hochwertige Feuersteine und Halbedelsteine, wie z. B. Achat und Karneol, gedient haben dürften. Die bislang durchgeführten naturwissenschaftlichen Analysen an den archäologischen Funden belegen, dass Rohstoffe von mehr als 50 km Entfernung aus dem Hinterland über Karawanenrouten durch das Hadschar-Gebirge in die Küstensiedlung gelangten und wohl per Schiff weiter exportiert wurden.

  •  Teilen
  •  Link kopieren
  •  Artikel drucken

Projektzeitraum

Seit 01.2019

Unterstützung

Österreichisches Archäologisches Institut (ÖAI), Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)

  • Ch. Schwall – M. Brandl – M. Börner – S. Lindauer – K. Deckers – S. Riehl – A. Cramer – Ch. Hauzenberger – E. Yousif – S. A. Jasim, The 2021 field season at Kalba: Results of the excavations and geoarchaeological surveys, Proceedings of the Seminar for Arabian Studies 52, 2023, 305-321.
    https://archaeopresspublishing.com/ojs/index.php/PSAS/article/view/1569
  • A. Cramer – Ch. Schwall, 3D Models of Bead, Pendant and Softstone Vessel Fragments Found During the 2021 Excavations at Kalba (K4) [Data set], Zenodo.
    doi:10.5281/zenodo.7257831
  • K. Lidour – M. J. Beech – D. Eddisford – C. S. Phillips – Ch. Schwall – S. A. Jasim, A Bronze to Iron Age Fishing Economy at Kalbāʾ 4 (Emirate of Sharjah, United Arab Emirates), Arabian Archaeology and Epigraphy 2023, 1–19. doi:10.1111/aae.12227
  • Ch. Schwall – M. Börner – M. Brandl – D. Blattner – F. Ostmann, Report on the 2022 Austrian-German Archaeological Expedition at Kalba (K4), Annual Sharjah Archaeology 21 (im Druck).
  • Ch. Schwall – M. Börner – M. Brandl, Report on the 2020 Austrian Archaeological Expedition at Kalba (K4), Annual Sharjah Archaeology 21 (im Druck).
  • Ch. Schwall – M. Börner – M. Brandl, Report on the 2021 Austrian Archaeological Expedition at Kalba (K4), Annual Sharjah Archaeology 20, 2022, 56–74.
  • Ch. Schwall – M. Brandl – M. Börner – K. Deckers – S. Lindauer – E. Pernicka – E. Yousif – S. A. Jasim, Kalba: new insights into an Early Bronze Age trading post on the Gulf of Oman, Proceedings of the Seminar for Arabian Studies 51, 2022, 329–352.
    https://archaeopresspublishing.com/ojs/index.php/PSAS/article/view/419
  • Ch. Schwall – M. Börner – C. Meyer, Preliminary report on the 2019 Austrian fieldwork at Kalba (K4), Annual Sharjah Archaeology 19, 2021, 32–41.
  • Ch. Schwall – S. A. Jasim, Assessing Kalba: new fieldwork at the Bronze Age coastal site Kalba at the Gulf of Oman (Emirate of Sharjah, UAE), Proceedings of the Seminar for Arabian Studies 50, 2020, 321–332.
    https://archaeopresspublishing.com/ojs/index.php/PSAS/article/view/261

Informiert bleiben!

Regelmäßige LEIZA-Updates im Posteingang: Jetzt unseren Newsletter abonnieren