Wer nicht fragt, bleibt dumm – das wusste schon die Sesamstraße. Bei „Book a Scientist" hast du die Chance, dich 25 Minuten exklusiv und unter vier Augen mit einer Expertin oder einem Experten der Leibniz-Gemeinschaft auszutauschen und alles zu fragen, was du schon immer zu deinem Lieblingsthema wissen wolltest.
Wähle aus mehr als 130 Themen aus. Sprich mit uns zum Beispiel über versunkene Kulturspuren im nordfriesischen Wattenmeer, Reliquienverehrung, Tier-Mensch-Beziehungen oder Resilienz in der Steinzeit.
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Das Angebot ist kostenlos. Die Gespräche finden virtuell statt.
Alle Themen und Termine findest du hier:
www.leibniz-gemeinschaft.de/bookascientist
Terminbuchungen sind bis zum 11. Oktober möglich.
Die Themen unserer Wissenschaftler:innen bei "Book a Scientist"
Dr. Ruth Blankenfeldt
Ruhe nach dem Sturm: Versunkene Kulturspuren im nordfriesischen Wattenmeer
Das nordfriesische Wattenmeer, Teil eines UNESCO-Weltnaturerbes, veränderte sich nach der letzten Eiszeit durch natürliche Prozesse ständig. Doch auch der Mensch gestaltete diese Region ab dem Hochmittelalter aktiv um. Im Zusammenspiel all dieser Faktoren wurde manche besiedelte und bewirtschaftete Fläche bei verheerenden Flutereignissen zerstört und einige Lebensräume für immer vernichtet.
Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt deckt nun Reste dieser untergangenen Kulturlandschaften in den Wattflächen auf. Der Fund eines ausgedehnten Siedlungsgebietes inklusive einer sehr großen Kirche ist dabei mit dem 1362 versunkenen Handelsplatz Rungholt zu verbinden. Hier erfahren wir mehr über die Anlage und Organisation eines größeren mittelalterlichen Ortes. Die Untersuchungen im heutigen Wattenmeer zeigen uns aber auch die Dimensionen der Landschaftseingriffe durch die damalige Bevölkerung, deren Umgestaltung und Ausbeutung des Naturraumes fatale Auswirkungen hatte.
Dr. Ruth Blankenfeldt erforscht am Standort Schleswig des Leibniz-Zentrums für Archäologie Siedlungsstrukturen im Wattenmeer.
Dr. Jörg Drauschke
Heilige Überreste - Heiligenverehrung und Reliquienkult im Frühmittelalter
In den ersten Jahrhunderten nach Christus entwickelte sich vornehmlich an den Begräbnisplätzen von christlichen Märtyrern, Asketen oder als wundertätig aufgefassten Persönlichkeiten eine besondere Form der Verehrung, die sich schließlich als "Heiligenkult" etablierte und bis heute ausgeübt wird. Der Wunsch, diesen herausragenden Personen und ihren mit besonderen Kräften aufgeladenen sterblichen Überresten möglichst nahe zu sein, führte binnen kurzer Zeit zu Überführungen der Gebeine an besondere Verehrungsstätten und in Kirchen, aber auch zu ihrer Aufteilung und Verteilung an verschiedene Stätten.
Die Reliquienverehrung spielte im Frankenreich des frühen Mittelalters eine besondere Rolle, die Anzahl der überlieferten Heiligen ist bemerkenswert. Anhand der Reliquien und Reliquiare, die eigentlich aus den Regionen des östlichen Mittelmeerraumes stammen, aber ebenso im Westen nachweisbar sind, lässt sich besonders gut aufzeigen, auf welchen Wegen die heiligen Überreste transferiert wurden - einerseits offiziell als hochrangige Geschenke des byzantinischen Kaiserhauses, andererseits als "Mitbringsel" von Pilgerfahrten - und welche Bedeutung sie für die Entwicklung des christlichen Glaubens besaßen.
Dr. Jörg Drauschke forscht am LEIZA zur Archäologie der Spätantike und des Frühmittelalters im Frankenreich, Byzanz und den Beziehungen zwischen Ost und West.
Dr. Siëlle Gramser
Besucher*innenforschung in Museen
Die Rolle von Museen verändert sich zunehmend – Neben den ursprünglichen Aufgaben des Sammelns, Bewahrens, Forschens und Vermittelns sind Museen dabei, eine aktivere Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Museen bewegen sich weg vom „neutralen“ Ort der Bildung, hin zu relevanten gesellschaftlichen Akteuren, die den Dialog und die aktive Partizipation gestalten und fördern. Aber was ist die Position des Museums in der Gesellschaft? Welche Teile der Gesellschaft erreichen Museen überhaupt? Und wie kann eine effektive, inklusive und nachhaltige Partizipation aussehen? Erzwungen durch solche Fragen gewinnt die sozialwissenschaftliche Forschung in Museen an Bedeutung, insbesondere im Bereich Besucher*innenforschung. An diesem Punkt setzt das Leibniz-Kompetenzzentrum Bildung im Museum an. In diesem Kompetenzzentrum haben sich die acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft und die DASA mit vier Bildungsforschungseinrichtungen aus dem Leibniz Forschungsnetzwerk Bildungspotenziale sowie des Instituts für Museumsforschung Berlin und der TU München zusammengeschlossen mit dem Ziel, Besucher*innenforschung und empirische Bildungsforschung zu Museen als informelle Lernorte in Deutschland gemeinsam voranzubringen. Dabei steht die Verbindung von Theorie und Praxis im Vordergrund: Durch die enge Zusammenarbeit können Forschungserkenntnisse unmittelbar in die Bildungspraxis in den Museen umgesetzt und dort evaluiert werden. Die Ergebnisse können dann wiederum Einfluss auf die Forschung nehmen. Das Kompetenzzentrum hat das Ziel, gemeinsame Forschungsansätze zu entwickeln und zu etablieren und so langfristig zu einer höheren Standardisierung und damit Vergleichbarkeit der Besucher*innenforschung in Deutschland beizutragen. Daher fungiert das Kompetenzzentrum auch als nationale Anlaufstelle für Forschung in Museen und fördert gezielt den Austausch zwischen den Stakeholdern.
Dr. Siëlle Gramser ist als Koordinatorin am LEIZA tätig und ist im Leibniz-Kompetenzzentrum für die Besucher*innenforschung und Beratung zuständig.
Dr. Oliver Grimm
Tier und Mensch: eine vielschichtige Beziehung in Vergangenheit und Gegenwart
In deutschen Haushalten gibt es geschätzt fünfzehn Millionen Katzen, fünf Millionen Hunde und eine Million Vögel. Dabei handelt es sich weniger um Haustiere als um Mitglieder der Familie und Lebensgefährten. Was aber können wir zum Verhältnis von Tier und Mensch in der Vergangenheit sagen? Damit ist ein eigener Forschungszweig benannt, der in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat (Untersuchungen zu Tier und Mensch, „Human-Animal Studies“). Diese Forschungen machen den Versuch, Tiere als Handlungsträger und nicht als pure Objekte des Menschen zu sehen. Forschungen am Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie haben sich unter anderem der vielschichtigen Beziehung zwischen Greifvogel und Mensch bzw. Bär und Mensch gewidmet.
Dr. Oliver Grimm erforscht am Schleswiger Standort des LEIZA das Verhältnis von Mensch und Tier in einer Zusammenarbeit von Archäologie mit anderen Fächern.
Dr. Sonja B. Grimm
Resilienz in der Steinzeit? Wie Menschen am Ende der Eiszeit mit Klimawandel und Umweltveränderungen umgingen
Der aktuelle Klimawandel und seine Folgen führen bei vielen Menschen zu Unsicherheit und Ängsten. Aus der Archäologie kennen wir zahlreiche Beispiele, in denen Menschen großen wie kleineren Klimaschwankungen und Umweltveränderungen ausgesetzt waren. Insbesondere in der Eiszeit waren dies gravierende Transformationen, die sich oftmals in wenigen Jahrzehnten vollzogen. Vom Ende der letzten Eiszeit haben wir zahlreiche, hochaufgelöste Klima- und Umweltarchive, anhand derer wir den Wandel von Klima und Umwelt in verschiedenen Regionen rekonstruieren können. Demgegenüber stehen zahlreiche archäologische Funde, die wir im Kontext dieser späteiszeitlichen Prozesse interpretieren können. Dazu werden neben der klassischen Materialanalyse und vergleichenden Ansätzen auch naturwissenschaftliche Methoden wie die Untersuchung stabiler Isotopen oder aDNA-Analysen hinzugezogen. Auch so können wir für die einzelnen Menschen nicht herausfinden, wie unsicher oder gar ängstlich sie angesichts der massiven Veränderungen ihrer Umgebung waren. Doch können wir herausstellen wie stabil ihre Gemeinschaften und Verhaltensweisen waren. Wann hielten sie es für notwendig sich anzupassen? Wann änderten sie ihre Lebensweise sogar grundsätzlich? Was veränderten sie und was blieb bestehen?
Dr. Sonja B. Grimm forscht am Standort Schleswig zu verschiedenen Transformationen in der Urgeschichte mit Fokus auf die „Pioniere des Nordens“ am Ende der letzten Eiszeit.
Dr. Michael Herdick
Energieprobleme und Brennstofffragen der Antike: Was Feuerarchitekturen über die Versorgung von Städten und Gewerbearealen verraten können
Die Versorgung römischer Kaiserresidenzen wie Trier machte die Beschaffung und den Transport großer Brennstoffmengen alleine schon für die Nahrungsmittelzubereitung der Bewohner:innen und der Beheizung ihrer Wohnstätten notwendig. Hinzu kam der Brennstoffbedarf für wichtige Handwerkszweige etwa aus dem Metall- und Keramiksektor. Kulturelle Errungenschaften wie die römischen Bäder hatten einen Holzbedarf, der den Bedarf exportorientierter Wirtschaftszweige noch übersteigen konnte.
Mithilfe der Experimentellen Archäologie ist es möglich, Daten über den Ressourcenverbrauch, die Energieeffizienz und die Verbesserungsmöglichkeiten antiker Produktionsanlagen zu sammeln. Naturwissenschaftliche Untersuchungen verkohlter Brennstoffe aus Öfen und Feuerstellen liefern Informationen über Brennstoffbeschaffungsstrategien, zu denen auch die Weiterverwertung landwirtschaftlicher Abfallprodukte gehören konnten.
Dr. Michael Herdick befasst sich am LEIZA mit Wirtschafts- und Technikarchäologie; speziell mit Ofen- und Keramiktechnologie von Töpfereirevieren.
PD Dr. Ulrich Schmölcke
Biodiversität, Artensterben, Neozoen: Die historische Perspektive
Wir erleben gerade das größte Artensterben seit dem Ende der meisten Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren. Es ist eigentlich ein ganz natürlicher Prozess, dass Tierarten verschwinden, heute ist er jedoch katastrophal beschleunigt. Die Gründe dafür kennen wir alle. Aber wie war es eigentlich früher? Wie stark hat sich die Tierwelt in Mitteleuropa verändert, seit hier Menschen leben, insbesondere die Großtierwelt (Megafauna)? Waren immer ausschließlich Menschen für das Aussterben von Tieren verantwortlich, durch massive Bejagung oder Lebensraumzerstörung? Und welche Rolle spielten eigentlich in der Vergangenheit neue Arten, die von selbst einwanderten oder vom Menschen eingeführt wurden?
Knochenfunde bieten Antworten auf diese Fragen. Die Hunderte oder sogar Tausende Jahre alten, häufig präzise datierten Überreste erzählen spannende Geschichten über die Vergangenheit, aber auch über Gegenwart und Zukunft unserer Wildtiere. Klar ist, einfache, eindimensionale Antworten gibt es meist nicht. Die Geschichte ist kompliziert. Aber interessant. Und wir können daraus Einiges für unseren Umgang mit der Natur lernen.
PD Dr. Ulrich Schmölcke beschäftigt sich am Schleswiger Standort des LEIZA mit den Ursachen und Folgen des Kommens und Gehens von Tierarten in Mitteleuropa.
Danai Theodoraki
Living by the sea: What shells tell us about the past
Shell archaeology focuses on identifying and interpreting the shell remains found in excavations. By studying these shells, we can learn how past human communities used shells in everyday life, and how these communities interacted with their surrounding environment. Mollusc shells offer us valuable insights into several aspects of human behaviour as well as past environmental change, and thus help us decipher past human activities and the influence of the climate on these activities.
Danai Theodoraki specialises in the study of archaeological seashells and works for the Emmy Noether SEAFRONT project at LEIZA.
Florian Thiery M.Sc.
Open Science in der Archäologie: Wie NFDI4Objects und Citizen Science helfen können
Die Veröffentlichung von archäologischen freien Forschungsdaten im world wide web, wie archäologische Artefakte, zugehörige Objektfotos und weitere Informationen ist das Ziel von Open Science-Initiativen. Dies geschieht mitunter durch die Unterstützung von Citizen Science Plattformen, wie dem Wikiversum (Wikipedia, Wikimedia Commons für Medien wie Bilder, Wikidata) und OpenStreetMap oder ehrenamtliche Bürgerwissenschaftler:Innen, die Wissen für die Gesellschaft bereitstellen. Zusammenschlüsse, wie NFDI4Objects zur „Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)“ erarbeiten hierfür Workflows, community-basierte Standards und Leitfäden, um Daten FAIR (Findable, Accesible, Interoperable, Reusable) zu machen. Diese Daten werden auf diesem Weg zur Nachnutzung in offenen Formaten bereitgestellt. Durch gemeinsame genutzte regelbasierte Datenmodelle und vernetzte Daten (Linked Open Data, LOD) wird ein großer Wissensgraph geschaffen. Das Potential die Welten der Forschungsmuseen und der Bürgerwissenschaftler:innen zusammenzubringen und semantisch zu vernetzen, ist sehr groß, birgt jedoch Herausforderungen auf der sowohl institutionellen als auch ehrenamtlichen Seite. Auch das Konsortium NFDI4Objects bietet hier Plattformen an, um über diese Herausforderungen und nächsten Schritte zu diskutieren. Beide "Welten" können es schaffen in einem dezentralen aber semantisch vernetzten Wissensgraphen zu existieren, zu wachsen und sich gegenseitig positiv zu beeinflussen und neues Wissen zu generieren.
Florian Thiery M.Sc. arbeitet an semantischer Modellierung, Linked Open Data, Research Software Engineering, Citizen Science und FAIRer Bereitstellung von Forschungsdaten.