Interdisciplinary Hillfort Studies at the Daugava River: Merging and Decoding Archaeological, Environmental and Linguistic Data
INHILLDAUGAR
Flüsse spielen in der Archäologie eine bedeutende Rolle als natürliche Grenzen, vor allem aber als Verbindungslinien und Kommunikationswege. In Osteuropa stellen sie die Hauptzugänge für Handelsströme zwischen Skandinavien sowie Süd- und Südosteuropa dar. Zwischen der Weichsel und der Memel im Westen und der Wolchow im Osten ist die Daugava (Düna, Dswina), die in Russland entspringt und durch Belarus und Lettland zur Ostsee fließt, die wichtigste Verkehrsader in der Ostseeregion. Etwa 30 Burgwälle wie das berühmte Daugmale, Jerzika oder Ḳenteskalns auf dem 350 Kilometer langen lettischen Abschnitt des Flusses zeugen von der Nutzung und Kontrolle dieser bedeutenden Wasserstraße im frühen Mittelalter und der Wikingerzeit. Für das folgende Mittelalter ist ein System größtenteils aus Stein errichteter Burgen zur Eroberung und Sicherung der Gebiete des Livländischen Ordens aus schriftlichen Quellen bekannt.
Für frühere Zeiten dagegen können aufgrund der Ergebnisse der aktiven Burgwallforschung und auch linguistischer Untersuchungen in den baltischen Staaten der letzten Jahrzehnte definitiv ältere Wurzeln angenommen werden.
Hier setzt das Projekt " Interdisciplinary Hillfort Studies at the Daugava River: Merging and Decoding Archaeological, Environmental and Linguistic Data (INHILLDAUGAR)" an. In einer einzigartigen Kombination aus geoarchäologischer und linguistischer Forschung wird ein Flusssystem als Ganzes in den Fokus gerückt.
Die Verbindung von nicht- und minimalinvasiven Techniken wie Georadar- und geomagnetischer Untersuchung, paläoökokologischen und archäologisch intendierten Bohrungen und Testgruben, C14- und dendrochronologischen Datierungen einerseits sowie linguistischer und toponomastischer Forschung historischer Ortsnamen und Wörter andererseits ermöglicht ein tieferes Verständnis des gesamten lettischen Abschnitts des Flusses. Das Ergebnis des Projekts wird ein GIS-basierter Atlas mit einer Gesamtkartierung in Kombination mit verschiedenen thematischen Karten zu den Hauptfragen des Projekts sein, einschließlich standardisierter topografischer Karten der archäologischen Denkmäler und ihrer unmittelbaren Umgebung mit besonderem Fokus auf ihre natürliche Umgebung.
Mit dieser ersten systematischen diachronen Zusammenstellung der archäologischen Stätten entlang der Daugava, inklusive bekannter und neu generierter Daten in komprimierter Form, zielt das internationale und interdisziplinäre Projektteam aus lettischen, polnischen und deutschen Forschern darauf ab, einige der dringendsten Fragen zur Chronologie, Funktion, Instandhaltung, Demographie und Konfliktpotenzial zu beantworten und ein Best-Practice-Beispiel für die Untersuchung eines historischen europäischen Flusssystems zu schaffen sowie eine konsistente Grundlage für weitere umfassende Studien in der Ostseeregion und darüber hinaus zu schaffen.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des Projekts, vor allem im Rahmen des Forschungsfeldes 3 und hier insbesondere des Forschungsthemas 2 „Agglomerationen und Siedlungsräume“ ist die Analyse historischer Konfliktlösungen entlang der Daugava unter Anwendung theoretischer Modelle zu Eskalations- und Deeskalationsprozessen, die im Rahmen des Excellenzcluster ROOTS der Christian-Albrechts-Universität Kiel im Subclusters ROOTS of Conflict entwickelt wurden. Eines der Ziele ist die gemeinsame Modellierung der Mechanismen ethnischer und sozialer Konflikte in der Region, wie z.B. die Rivalität um die Kontrolle der Daugava-Wasserstraße, sowie die Erhellung der Rolle von Umweltbedingungen. Es wird erwartet, dass dieser innovative Ansatz der Interpretation von Festungsanlagen im Kontext unterschiedlicher Interessen, sozialer Ungleichheit, ethnischer oder religiöser Unterschiede zu einer neuen Interpretation bekannter Strukturen führen wird.
Anmerkung: Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Nationalen Wissenschaftszentrum Polens im Rahmen des gemeinsamen Projektprogramms Beethoven CLASSIC4 für den Zeitraum 2022-2025 finanziert.
Team:
- PD Dr. phil. Jens Schneeweiß
- Dr. Timo Ibsen
- Dr. Vanda Haferberga
- Dr. Leonid Vyazov
- Prof. Dr. habil Piotr Kittel (University of Lodz, Faculty of Geographical Sciences, PL)
- Dr. habil Jerzy Sikora (University of Lodz, Department of Philosophy and History, PL)
- Dr. Artur Ginter (University of Lodz, Department of Philosophy and History, PL)
- Dr. Łukasz Musiaka (University of Lodz, Faculty of Geographical Sciences, PL)
- Dr. habil Edyta Kalińska (Nicolaus Copernicus University, Toruń, PL)
- Dr. habil Jacek Szmańda (Polish Academy of Sciences, Institute of Geography and Spatial Organization, Toruń, PL)
- Hans Whitefield M.A. (Freie Universität Berlin, DE)
- Prof. Dr. Ilja Seržant (Institut für Slavistik der Universität Potsdam, DE)
- Dr. Aigars Kalnins (Institut für Slavistik der Universität Potsdam, DE)
- Dr. Dmitri Sitchinava (Institut für Slavistik der Universität Potsdam, DE)
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Kontakt
- PD Dr. phil. Jens Schneeweiß
- +49 4621 813-483
- Kontakt
- Dr. Timo Ibsen
- +49 4621 813-507
- Kontakt
- Dr. Vanda Haferberga
- +49 4621 813-0
- Kontakt
- Dr. Leonid Vyazov
- +49 4621 813-0
- Kontakt
Projektzeitraum
- Seit 01.2022
Unterstützung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (BeethovenCLASSIC 4 - Deutsch-Polnische Förderinitiative)- Cluster of Excellence ROOTS, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Kiel, DE
- University of Latvia, Faculty of History and Philosophy, Rīga, LV
- University of Lodz, Faculty of Geographical Sciences, PL
- University of Lodz, Department of Philosophy and History, PL
- Nicolaus Copernicus University, Toruń, PL
- Polish Academy of Sciences, Institute of Geography and Spatial Organization, Toruń, PL
- Institute of Latvian history at the University of Latvia, Rīga, LV
- Institut für Ur- und Frühgeschichte, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, DE
- Schneeweiß et al. 2023, DFG project INHILLDAUGAR: Reassessment of hillforts along the Daugava River in Latvia, In: Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie, Jahresbericht 2022 (Schleswig 2023) 75-79.