Forschungsprojekt

Die Goldbleche des Tutanchamun

Zur kulturellen Kommunikation zwischen Ägypten und Vorderasien

Zusammengefasst

Im Mittelpunkt des Projektes stehen die archäologische, technologische und naturwissenschaftliche Analyse sowie die vergleichende ikonographisch-kunstgeschichtliche Aufarbeitung von ca. 100 figürlich dekorierten Goldblechbeschlägen aus dem Grab des Tutanchamun (etwa 1332 bis 1323 v. Chr.). Ziel ist es, diese Objektgruppe erstmals archäologisch zu verstehen, in ihren Objekt- und Sachzusammenhängen zu rekonstruieren und in den Kontext ägyptischer Streitwagen und Waffenausstattungen einzuordnen.

Ein Hauptanliegen des Projektes liegt in der Restaurierung und Konservierung der Goldbleche, deren Erhaltungszustand als sehr schlecht zu bezeichnen ist; sie wurden in fragmentarischem Zustand fast 90 Jahre im Magazin des Ägyptischen Museums Kairo gelagert und waren bisher weder Museumsbesuchern noch Archäologen zugänglich.

Übergeordnetes Ziel ist es, die Goldblech-Appliken als eine wichtige, bisher weitgehend unbeachtete Materialgruppe mit einem breiten Spektrum an wissenschaftlichen Methoden in diesem Forschungsprojekt erstmals umfassend zu bearbeiten und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Die Objekte sollen im Rahmen des Projektes restauriert und konserviert, sorgfältig in Text, Foto und Zeichnung dokumentiert, naturwissenschaftlich untersucht, kunsthistorisch und archäologisch ausgewertet und ausführlich publiziert werden.

Da nur wenige dieser Fundstücke die Zeit unbeschädigt überdauert haben – die überwiegende Anzahl weist zahlreiche Risse, Verwerfungen und Falten auf – ist eine vollständige restauratorische Bearbeitung unabdingbare Voraussetzung für die weitere Bearbeitung der Objekte. Ziel ist es, neben der Konsolidierung der fragilen Objekte, auch die Lesbarkeit der Darstellungen in den geschädigten Bereichen zurückzugewinnen.

Ein zentraler Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die technologisch-naturwissenschaftliche Untersuchung. Ursprünglich besaßen wohl alle Goldbleche ein aus Leder und textilen Bestandteilen – oft auch in Kombination mit Gips (?) – mehrschichtig aufgebautes Trägermaterial, auf dem sie befestigt waren. Bisher nicht erforscht waren jedoch die Art und Weise des Aufbaus, die Funktion der einzelnen Schichten sowie deren Verbindung untereinander. Grundsätzlich ist also der strukturelle Aufbau der Objekte zu klären sowie die Fixierung der Goldfolien auf dem Trägermaterial. Hierzu ist eine umfassende technologische Analyse der Goldbleche sowie der organischen (Leder, Textil, Harze, Kitte?) und anorganischen Bestandteile (Gips?) der Objekte vorgesehen. Die Untersuchungen beinhalten auch eine Bestimmung des Leders sowie die textiltechnologische Begutachtung der Gewebereste. Hier wird eine makro- bzw. mikroskopische Autopsie Aufschluss geben.

Der Frage, auf welche Art Inschriften, ornamentale Verzierungen und figürlichen Darstellungen auf den Goldblechen erzeugt wurden, soll mittels eines hochauflösenden 3D-Digitalmikroskops nachgegangen werden. Sofern es sich tatsächlich um (Gold-)Bleche – also ein sich selbst tragendes Material – handelt, wäre eine Treibarbeit von der Rückseite (Repoussé) und eine anschließende Ziselierung der Vorderseite nahe liegend.

Ein weiterer Schwerpunkt der naturwissenschaftlichen Untersuchungen wird die Analyse der Goldlegierung mittels einer portablen Mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse (p-XRF) sein. Die Untersuchungsergebnissen versprechen eine erleichterte Zuordnung der Objekte, da bereits im antiken Ägypten gezielt unterschiedliche Goldlegierungen mit deren spezifischen Materialeigenschaften genutzt wurden. Die Untersuchung der metallischen Spurenelemente (z. B. Zinn und Platin) könnte darüber hinaus, durch Abgleich mit Referenzdaten, einer Herkunftsbestimmung des Goldes dienlich sein. Ferner ist beabsichtigt, mittels metallurgischer Gefüge-Analysen Erkenntnisse über die Produktionsweise der Goldfolien zu gewinnen.

Alle Untersuchungen werden auch dazu dienen, innerhalb des Konvolutes an Fundstücken Gruppierungen zu bilden und die Frage der ursprünglichen Funktion der Objekte zu klären. Überdies sollen die gewonnen Erkenntnisse Aufschluss geben, ob die Bleche ein und derselben Werkstatt zuzuordnen sind (etwa einer pharaonischen Hofwerkstatt), oder ob es sich um Werke unterschiedlicher Produktionen handelt.

  •  Teilen
  •  Link kopieren
  •  Artikel drucken

Kontakt

Katja Broschat
+49 6131 8885-0
Christian Eckmann
+49 6131 8885-0
Kontakt

Projektzeitraum

01.2014 - 12.2018

Unterstützung

Gefördert mit Mitteln der Transformationspartnerschaft zwischen Deutschland und Ägypten des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

Monographien

  • Julia Bertsch, Die Goldbleche aus dem Grab des Tutanchamun - Ikonografische Studien zum kulturellen Austausch zwischen Ägypten, Vorderasien und der Ägäis. Veröffentlichung geplant bei Online-Publikation der FU-Berlin, in Vorb.
  • Julia Bertsch, Die Goldblechappliken aus dem Grab des Tutanchamun  – Design, Funktion, Technologie, Band 1 (Ikonographische Studien), in Vorb.
  • K. Boschat / Ch. Eckmann, Die Goldblechappliken aus dem Grab des Tutanchamun – Design, Funktion, Technologie, Band 2 (Technologische Studien). Mit Beiträgen von F. Ströbele, S. Ikram, A. Veldmeijer und N. Reifarth, in Vorb.
  • J. Bertsch / K. Broschat / Ch. Eckmann, Die Goldblechappliken aus dem Grab des Tutanchamun – Design, Funktion, Technologie, Band 3 (Katalog), in Vorb.

Aufsätze

Katalogbeiträge

  • K. Broschat / J. Bertsch / Ch. Eckmann, The gold sheet appliqués from the tomb of Tutankhamun. In: S. Connor / D. Laboury (Hrsg.), Tutankhamun. Discovering the forgotten Pharaoh [Ausstellungskat. Liège] (Liège 2020) 106-109. 
  • K. Broschat / J. Bertsch / Ch. Eckmann, Les feuilles d’or de la tombe Toutankhamon. In: S. Connor / D. Laboury (Hrsg.), Toutankhamon, à la recherche du pharaon oublié [Ausstellungskat. Liège] (Liège 2019) 106-109.

Andere

  • Ch. Eckmann / K. Broschat / J. Bertsch 2019. Tutanchamuns unbekannte Schätze: die Goldblechapplikationen. Archäologie in Ägypten: Magazin des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo 5, 64.
  • S. Seidelmayer / Ch. Eckmann / K. Broschat, Die Goldbleche des Tutanchamun  – Zur kulturellen Kommunikation zwischen Ägypten und Vorderasien. Archäologie in Ägypten, Magazin des DAIK 2013, 16-21.

Informiert bleiben!

Regelmäßige LEIZA-Updates im Posteingang: Jetzt unseren Newsletter abonnieren